Warum wir unsere Leberwerte kennen sollten – und wie eine einfache Blutuntersuchung Leben retten kann
Eine einfache Blutuntersuchung könnte Leben retten, doch noch zählt sie nicht zur Standardvorsorge. „Viele Betroffene merken über Jahre hinweg nichts von ihrer Erkrankung“, erklärt Harald Hofer, Hepatologe und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH). Der Experte leitet die Abteilung für Innere Medizin I, Gastroenterologie und Hepatologie, Rheumatologie, Endokrinologie und Diabetologie am Klinikum Wels-Grieskirchen, einem der österreichischen Zentren für Lebererkrankungen. „Gerade chronische Verläufe von Hepatitis B und C zeigen manchmal kaum Symptome, können aber zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen. Umso wichtiger ist es, die Infektion frühzeitig zu erkennen.“ Die einfachste Maßnahme ist eine gezielte Bestimmung der Leberwerte im Blutbild – am besten regelmäßig im Rahmen der jährlichen Gesundenuntersuchung.
Heilungschancen auf dem Papier – aber nicht für alle
Hepatitis C ist heute in mehr als 95 Prozent der Fälle heilbar – mit gut verträglichen Medikamenten, die nur acht bis zwölf Wochen eingenommen werden müssen. Auch Hepatitis B, dessen Verbreitung sich durch den ebenso vor Hepatitis D schützenden Impfstoff weltweit stark reduziert hat, kann mit modernen Therapien langfristig kontrolliert werden. Und doch bleibt Österreich – ebenso wie viele andere Länder – hinter seinen Möglichkeiten zurück. „Die große Herausforderung ist, dass viele Infektionen gar nicht diagnostiziert sind“, so Hofer. Chronische Infektionen verlaufen oft symptomarm, was ihre frühzeitige Erkennung erschwert. Akute Infektionen können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen und Gelbsucht verursachen. „Übertragen werden Hepatitisviren unterschiedlich. Hepatitis A und E verbreiten sich hauptsächlich durch kontaminiertes Wasser und Lebensmittel und verlaufen bis auf Einzelfälle der Hepatitis E nicht chronisch. Hepatitis B, C und D hingegen werden durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen und nehmen oftmals einen chronischen Verlauf. Needle-Sharing und sexuelle Übertragungen sind hier große Themen.“
Eigeninitiative gefragt
Die WHO empfiehlt eine einmalige Antikörpertestung auf Hepatitis C für Erwachsene. In Deutschland wurde dieses Screening bereits in die Vorsorge integriert – in Österreich wäre ein ähnlicher Schritt wünschenswert. In der Gesundenuntersuchung wird derzeit nur ein Leberwert erfasst – zur Kontrolle der Lebergesundheit gäbe es aber zuverlässigere Marker, betont Hofer. „Jeder Einzelne kann Verantwortung für sich selbst übernehmen und beim nächsten Arzttermin gezielt nach den relevanten Leberwerten fragen.“ (siehe Infobox) Die Leber gilt als das zentrale Stoffwechselorgan des Körpers: Sie filtert Giftstoffe, bildet Hormone und speichert Energie. „Zwar leidet sie im Krankheitsfall still, sie kann sich unter bestimmten Voraussetzungen aber auch regenerieren. Wenn die Ursache – etwa eine Virusinfektion – beseitigt wird, erholt sich die Leber oft erstaunlich gut“, so Hofer. „Dazu braucht es aber einen rechtzeitigen Start der Therapie.“ Am Klinikum Wels-Grieskirchen werden sämtliche Formen chronischer Hepatitis behandelt – von der ersten Diagnose über medikamentöse Therapien bis hin zur Nachsorge bei Lebertransplantationen.
Leberwerte – worauf kommt es an?
Laborwert |
Bedeutung |
Hinweis |
GPT (ALT) |
Enzym, das bei Leberschädigung freigesetzt wird |
Besonders sensitiv bei Virushepatitis |
GOT (AST) |
Enzym, auch in anderen Organen vorkommend |
In Kombination mit GPT aussagekräftig |
Gamma-GT |
Enzym, oft bei Alkoholmissbrauch erhöht |
Derzeit einziger Wert in der Vorsorge |
Bilirubin, ALP |
Weitere Werte zur Abklärung |
Bei Bedarf ergänzend |
Wer nur die Gamma-GT kennt, kennt seine Leber noch nicht wirklich. Mindestens GPT sollte zusätzlich bestimmt werden.
Fakten weltweit: Die stille Epidemie
- 1,3 Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen von Virushepatitis – etwa genauso viele wie an Tuberkulose.
- 3.500 Todesfälle pro Tag weltweit – durch Hepatitis B und C.
- > 250 Millionen Menschen leben mit chronischer Hepatitis B, > 50 Millionen mit Hepatitis C.
- WHO-Ziel: Eliminierung von Hepatitis C bis 2030.
Meilensteine im Kampf gegen Virushepatitis
1965: Entdeckung des Hepatitis-B-Virus
1970er: Erste Impfstoffe gegen Hepatitis B
1989: Identifikation des Hepatitis-C-Virus
2014: Einführung der direkt antiviralen Therapien für Hepatitis C
2024: WHO-Bericht warnt: Trotz Fortschritten steigen die Todeszahlen
2030: Zieljahr der WHO zur Eliminierung von Hepatitis B und C
Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Hofer, Leiter der Abteilung für Innere Medizin I, Gastroenterologie und Hepatologie, Rheumatologie, Endokrinologie und Diabetologie, Klinikum Wels-Grieskirchen
Das Klinikum Wels-Grieskirchen – www.klinikum-wegr.at
Das größte Ordensspital Österreichs ist eine Institution der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz und der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. Mit 35 medizinischen Abteilungen, 1.251 Betten und rund 4.300 Mitarbeitern leistet das Klinikum Wels-Grieskirchen umfassende medizinische Versorgung in Oberösterreich. Der Gesundheitsversorger verzeichnet rund 65.000 stationäre Entlassungen jährlich. Aufgrund seiner zahlreichen Schwerpunkte und Kompetenzzentren bündelt das Klinikum fachübergreifendes Know-how und ermöglicht interdisziplinäre Diagnosen und Behandlungen zum Wohle der Patienten.
Pressekontakt Klinikum Wels-Grieskirchen
Mag. Kerstin Pindeus, MSc, MBA, A-4600 Wels, Grieskirchner Straße 42,
Tel: +43 7242 415-93772, Mobil: +43 699 1416 3772
E-Mail: kerstin.pindeus@klinikum-wegr.at